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Lesen Sie hier einen Auszug aus einem sehr interessanten Buch über Matcha-Tee:                                                                              :

 

Dr. Walter Glück:

Das gesunde Grüntee-Wunder
Das Lifestylegetränk des 21. Jahrhunderts

Matcha – das gesunde Grüntee-Wunder
Das einst exklusive Getränk der japanischen Teezeremonie entwickelt sich zum weltweit begehrten Lifestyle-Getränk. Als Zutat in Süßigkeiten und Schokolade wurde Matcha schneller international bekannt als durch die Wirkung, die zu seinem Beinamen „Espresso unter den Tees“ führte – er wirkt anregend, ohne aufzuregen. Wissenschaftliche Forschungen bestätigen lang gehegte Vermutungen: Anders als andere Teesorten verfügt er über gesundheitsfördernde Eigenschaften, die außerordentlich sind. In diesem Buch werden erstmals die traditionellen Hintergründe, die medizinischen Aspekte sowie die genussvolle Verwendung von Matcha veröffentlicht.


Inhalt des Buches

  • Vom Klostergeheimnis zum gesunden Teewunder
  • Anbau, Kultivierung und Herstellung von Matcha
  • Teezeremonie und Matcha für den Teegenießer
  • Was Matcha einzigartig macht: Inhaltsstoffe und Heilwirkungen
  • Köstliche Rezepte mit Matcha


Matcha – vom Schattendasein ins Rampenlicht

Jahrhunderte hindurch war Matcha, der gemahlene Grüntee, ein streng gehütetes Geheimnis. Nur der Klerus und das Kaiserhaus durften sich den „Trank der Unsterblichkeit“ gönnen, nachdem er im 8. Jahrhundert von China nach Japan gelangte.

Die Neuentdeckung von Matcha
Heute erweckt Matcha nicht durch die Bewerbung seiner sensationellen Heilwirkungen Interesse. Zwar attraktive, aber nicht ganz so gesunde Matcha-Bonbons und -Schokoladen verleihen dem grünen Teewunder aus Japan den Status eines trendigen Genussmittels.

Das Geheimnisvolle des Schattendaseins –was durch den Lichtentzug passiert

Trotz zunehmender Nachfrage nach japanischen Produkten bleibt japanischer Grüntee eine Rarität.
Seine exklusivsten Sorten führen bis zu ihrer Ernte im wahrsten Sinn des Wortes ein Schattendasein – sie sind bedeckt mit Stroh- oder Plastikmatten, ein unheimliches Bild für einen Vorgang, der Sinn macht: Die Reifung des Teeblattes ist ein komplexer Vorgang und gleicht einer chemischen Fabrik. Die in den Wurzeln des Teestrauches gebildeten Wirkstoff e, vor allem L-Theanin, steigen in die Blätter auf. L-Theanin wird durch den Einfl uss von Sonnenlicht umgewandelt in Katechine. Diese verleihen dem Tee einen leicht herben, adstringierenden (zusammenziehenden) Geschmack; durch den Lichtentzug werden diese Gerbstoffe nur in einem geringen Ausmaß gebildet – dadurch bleibt das Aroma des Tees mild. Andererseits werden Chlorophyll und einige andere Aminosäuren deutlich mehr angereichert als ohne Abdeckung.

Welche fantastischen Wirkungen dadurch entstehen, beschäftigt uns in den folgenden Kapiteln.

Im Gegensatz zu den meisten Gemüsen und Früchten, die Sonne zur Reifung benötigen, verhält es sich beim Teeblatt anders.

Matcha – vom Schattendasein ins Rampenlicht

 Flughafen Tokio, 7.45 Uhr
Schon der Anblick der Landschaft beim Anflug war bewegend – große schwarze Flächen in der Landschaft, als wäre alles in Trauer. Das erste Mal in meinem Leben betrete ich japanischen Boden – zwecks Erkundung des spannenden Themas „Matcha“.

In der Flughafenhalle laden farbenfrohe Pakete zum Kauf ein: Matcha in Form von Bonbons, Keksen oder Schokolade. Ich frage die Ver­käuferin. Ja, das sei jetzt große Mode, meint sie höflich lächelnd. Ob sie denn auch den Matcha-Tee verkaufe.
Natürlich, mit einer geheimnisvollen Handbewegung und verheißungsvollem Augenaufschlag nimmt sie ein winziges Päckchen aus dem Kühlregal. Der Preis ist indirekt proportional zur Größe und lässt meinen Atem stocken. Ich stelle die provokante Frage, ob sie selbst gern Matcha-Tee trinke. Mit einem um eine Stufe gesteigerten Lächeln erzählt sie mir, dass sie ihn schon probiert hätte; aber das würden eher ihre Großeltern trinken, da es etwas ganz Besonderes sei. Aus einem Reiseführer weiß ich: Japaner sagen nie ein direktes „Ja“ oder „Nein“. Man lernt, zwischen den Zeilen zu lesen. So frage ich nicht weiter und lasse mir von der Dame mit zuckersüßer
Miene ein ebenso süßes und relativ billiges Päckchen Matcha-Schokolade verkaufen. Die Melodie ihrer Abschiedsworte vermischt sich mit japanischer Musik und Flughafenlärm. Sehr bald nach meinem Erlebnis im Flughafenshop und der Besichtigung anderer Teeläden wird mir klar, dass Matcha mehr ist als nur ein exklusiver Tee – er ist eine Welt für sich.

Damit wird das Geheimnis um Matcha Schritt für Schritt gelüftet, um dieses Wunder der Natur in das wohlverdiente Rampenlicht zu rücken.

In der Welt des Tees ist Grüntee ein eigener Kontinent. Auf diesem ist japanischer Grüntee nur eine kleine Insel.

David gegen Goliath
Mengenmäßig gesehen, liefert Japan nur einen kleinen Anteil der Weltproduktion an Grüntee, etwa hunderttausend Tonnen. Der Großteil japanischen Tees wird im Land getrunken; der Export liegt bei einem verschwindend kleinen Anteil von etwa einem Prozent. Und etwa die halbe Menge des Eigenbedarfes muss Japan von anderen Ländern importieren.

Grüntee genießen lernen – ein Besuch im Teehaus
Mein erster Eindruck eines japanischen Teehauses – vergleichbar mit einem Wiener Kaff eehaus – ist der von nüchterner Gemütlichkeit. Wir drei sitzen auf niedrigen Hockern, was schon ein Zugeständnis an ausländische Touristen ist. Analog zur Weinverkostung wird mit einem leichten Alltagstee begonnen – dem Sencha. Am Tischchen vor uns werden eine Teekanne sowie mehrere Schalen platziert. Danach beginnt es etwas kompliziert zu werden: Penibel wird auf die Wassertemperatur und dessen Menge geachtet. Aufguss – in einer Minute ist der Tee trinkfertig. Mit einer kleinen Erklärung vergehen weitere 45 Sekunden. Das Ausgießen in die drei Teeschalen erfolgt nach strenger Ordnung: Damit jede der drei Tassen den gleichen Geschmack erhält, wird von der Kanne in kleinen Portionen in die Tassen ausgegossen: zuerst Tasse 1, dann 2, dann 3; danach in der umgekehrten Reihenfolge 3, 2, 1. Dann wieder umgekehrt, bis die Kanne bis zum letzten Tropfen geleert ist; Letzteres wird als wichtig erachtet und mit Akribie vorgeführt – immer noch kommt ein Tropfen. Der Letzte ist der Wichtigste, wird uns gesagt, wobei wir die Teekanne und die daraus quellenden Tropfen hypnotisieren. Endlich – es fällt ein letzter Tropfen wie eine Perle in die Teeschale. Man hört ein Aufatmen der Erleichterung.

Weltweit sind chinesische Grüntees mengenmäßig dominierend. Sie werden leicht fermentiert und unterscheiden sich dadurch in der biologischen Wirkung von japanischen Grüntees.

Japanische Teesorten
Sencha
– das Alltagsgetränk der Japaner: Sencha macht etwa drei Viertel des in Japan kultivierten Tees aus. Sencha bedeutet so viel wie „Zieh-Tee“, also ein Tee, den man ziehen lässt. Nach dem Zeitpunkt der Ernte ist sein Geschmack etwas diff erierend. Es gibt eine große Palette von Qualitäten und Preisklassen. Der ausgewogene Geschmack von Sencha bewegt sich zwischen „lieblich“ und „herb“. Das rührt daher, dass er vor der Ernte nicht abgedeckt wird.

Bancha.  Bancha ist ebenfalls ein Alltagstee, der im Juli und August aus den nachwachsenden Blättern der Senchateepfl anzen geerntet wird. Seine Blätter sind groß und leicht gerollt – deshalb der Name Großblatttee. Er enthält weniger Koff ein und mehr Gerbstoff e als Sencha. Dadurch ist er auch für Kinder gut trinkbar.

Genmaicha.  Das ist ein Tee mit malzigem Aroma. Man versetzt gepoppten braunen Reis (Genmai) mit Maicha. Ursprünglich ein Arme-Leute-Getränk, wird er heute überall getrunken.

Hojicha. Hojicha ist ein gerösteter Grüntee und wird aus Bancha, Sencha oder Kukicha hergestellt. Er wird bei etwa 200 °C über Holzkohle geröstet. Dadurch verliert er viel an Koffein und kann daher auch abends getrunken werden. Er ist leicht rötlich, schmeckt
etwas nach Nuss und passt gut zu Sushi und Sashimi; man kann ihn auch kalt genießen, vor allem im Sommer.

Gyokuro.  Dieser als „edle Tautropfen“ bezeichnete Tee ist der hochwertigste japanische Blatttee und einer der teuersten Grüntees des Weltmarktes. Ähnlich wie bei Matcha werden seine Blätter etwa vier Wochen vor der Ernte abgedeckt. Er ist aromatisch, mild und
vollfruchtig im Geschmack.

Zum Eingewöhnen in den japanischen Teegeschmack eignen sich die hier beschriebenen Sorten ausgezeichnet; am besten in der beschrie­be­nen Reihenfolge von Sencha bis Gyokuro. Damit ist man vorbereitet für die Krone des Grüntees, den Matcha. Dieser wird aus der hoch­wertigsten Sorte, dem Tencha (= abgedeckter Tee), gewonnen.
Hier kann aus Platzgründen nicht auf alle japanischen Teesorten eingegangen werden – von Shincha bis Fukamushicha gibt es noch einiges zu entdecken.

Was den Geschmack ausmacht – ein raffinierter Cocktail
Wie im vorigen Kapitel beschrieben, bestehen Grüntee und Matcha aus einem Gemisch von Dutzenden Inhaltsstoff en, deren Balance das Aroma bestimmt. Der Unterschied zwischen dem abgedunkelten Tencha und dem nicht abgedeckten Grüntee betrifft nicht nur den Anteil an  L-Theanin – Tencha hat, verglichen mit anderem Grüntee, deutlich höhere Werte an Chlorophyll, Gallocatechin, Strictinin, Pyroglutaminsäure und einigen anderen Substanzen; auf der anderen Seite niedrigere Werte an Fructose, Succinylsäure und Epigallo­katechin. Das Verhältnis dieser Einzelstoffe  schwankt jahreszeitlich von Ernte zu Ernte, bedingt durch Klimaeinflüsse und den Licht­entzug. Aus dieser Komplexität wird ersichtlich, dass der Geschmack von Matcha bei jeder Ernte und jedem Jahrgang subtile Unterschiede aufweist, die der Kenner schätzt. Das Aroma, das unter anderem besonders besticht, trägt einen besonderen Namen: Umami.

Matcha und Umami
Umami, ein Abkömmling der Glutaminsäure, wurde bereits 1908 von dem japanischen Forscher Kikunae Ikeda beschrieben, aber erst kürzlich als eine fünfte Geschmacksqualität defi niert; auch erst vor Kurzem entdeckte man, dass wir über eigene Geschmacksrezeptoren für Umami verfügen. Diese sind dafür verantwortlich, dass wir die subtilen Umami-Aromen des Matcha-
Tees von samtig bis himmlisch empfinden – was auch zu dessen kulinarischer Verwendung geführt hat (siehe Kapitel Rezepte S. 66).
Umami leitet sich vom Japanischen „umai“ ab, was so viel wie fleischig, herzhaft und wohlschmeckend bedeutet.